Brauchtum

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Das Weinlesefest (Wermesch)

Wie wir bereits wissen, spielte der Weinbau in vielen Dörfern Siebenbürgens und so auch in Wermesch eine große Rolle. Den Höhepunkt der Weinbewirtschaftung stellte natürlich die Weinlese dar, wenn es also gilt, die Frucht zu ernten und zu verarbeiten. Durch die jahrzehntelange Durchführung dieses Erntevorganges verfestigte sich die Art und Weise der Weinlese, in der ganz bestimmte Personen ganz eigene Aufgaben zu leisten hatten – ein Brauch war entstanden.

Die Weinlese in Wermesch wurde nach St. Gallus, also nach dem 16. Oktober, angesetzt. Es waren ein Pfarrweingarten und zwei Kirchenweingärten vorhanden. Und es war die Aufgabe der Bruder- und Schwesternschaft, die Weinlese des Dorfes mit der Ernte dieser drei Weingärten einzuleiten.
Um ca. 8.00 Uhr in der Früh trafen sich die Jugendlichen im Pfarrweingarten und gemeinsam wurden die Trauben geerntet. In der Gruppe und mit so manchem Lied ging die Arbeit gut voran. Bei der Ernte achtete man auf ganz besonders schöne Trauben, diese wurden beiseite gelegt. Denn diese ganz besondere Auswahl wurde dem Pfarrer nach Hause gebracht.
Ganz umsonst mußten die Mädchen und Burschen jedoch nicht des Pfarrers Trauben ernten. Dieser hatte um die Mittagszeit das Essen zu stellen, und so wurde dann auch die Verpflegung in die Weingärten gebracht. Meist bestand die Mahlzeit aus Speck, Zwiebeln, Brot und einer kalten Wurst. Diese Wurst war eine Besonderheit, denn der Pfarrer besorgte diese aus der Stadt.
Nach dem Mittagsmahl nahm die Jugend die Arbeit wieder auf, bis die Trauben in Körben, Eimern und Butten gelandet waren. Mit Wägen, die von den Presbytern zur Verfügung gestellt wurden, wurden die Trauben in den Hof eines Presbyters gefahren. Dort erfolgte die Weiterverarbeitung der geernteten Frucht. Zuerst wurden sie gemahlen und dann mittels Weinpresse gepreßt. Auch hier ging die Arbeit  der Gemeinschaft schnell von der Hand. Der frische Traubensaft wurde dann in den Pfarrkeller gebracht.
Nach dieser Arbeit wurden die schönen Trauben auf den Pfarrhof gebracht, welche von den Dienstboten zu einem Kranz gebunden wurden. Dieser Kranz wurde von der Frau des Pfarrers in der guten Stube aufgehängt, um sie zu Rosinen trocknen zu lassen. Wenn es ein guter Jahrgang war, hatte sie zu Ostern noch Rosinen für den Kuchen.

Bei der Übergabe der Trauben wurde auf folgende althergebrachte Weise vom Altknecht gesprochen: „Die schönsten und edelsten Sorten haben wir Ihnen mitgebracht, wir hoffen, daß Sie diese recht lang aufbewahren können und daß Sie Ihnen gut schmecken. Was das andere betrifft, die Bottiche sind voll, und Sie werden einen sehr guten Wein haben. Gott schenke Ihnen die Gesundheit, beides zu genießen.“
Der Pfarrer antwortete: “Liebe Jugend, Mädchen und Burschen, danken wir Gott, daß er uns heute diesen schönen Tag geschenkt hat und das Beste und Edelste ins Trockene gebracht wurde. Aber ganz besonders, meine Lieben, gilt der Dank euch, den Fleißigen. Gott beschütze euch und gebe euch die Gesundheit, daß wir uns nächstes Jahr auf diese Weise bei bester Laune und Zufriedenheit hier treffen können. Und nun stoßt an mit mir auf die gute Ernte.“

Dann ging man nach Haus, um sich für den kommenden Abend umzuziehen. Denn die eigentliche Belohnung für die Bruder- und Schwesternschaft kommt noch. Nach und nach trafen sich die Jugendlichen am Hof des Altknechtes. Dort fand der gemütliche Teil nach getaner Arbeit statt. Bei einem Gläschen Wein und Klotsch wurde gescherzt und gelacht. Nicht lange, und die Geiger (Musikanten) kamen und spielten auf und sorgten so für einen schwungvollen Abend. Bis spät in die Nacht wurde ausgelassen gefeiert und gelacht. Zum Abschluß des Abends wurde noch gemeinsam ein Lied gesungen.
Die Weinlesezeit hatte mit diesem Abend Einzug in das Dorf Wermesch gehalten. In den nächsten Tagen und Wochen wurden im ganzen Dorf die Reben eingebracht und verarbeitet. Und es wurde noch viel gefeiert. Erst in einem Jahr nach St. Gallus entsteht für die Jugend wieder die Pflicht den Pfarrweingarten zu lesen und somit das Recht auf einen gemeinsamen Abend.

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