Brauchtum

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Peter und Paul (Eibesdorf)

Ein Fest, das auch zu unserem Brauchtum gehörte und von der Jugend mit viel Begeisterung gefeiert wurde, war der Peter- und Paultag. Er war wie auch die anderen Festtage mit einem Gottesdienst bedacht, aber richtig gefeiert wurde erst am darauffolgenden Sonntag.
So wie zum Weihnachtsfest ein geschmückter Baum gehörte, war an diesem Fest eine schön geschmückte Krone nicht wegzudenken. Sie wurde in unmittelbarer Nähe von unserem Gemeindesaal aufgestellt. Hervorzuheben sei, daß die Gestaltung dieses Festes der Schwesternschaft oblag.
Zu Beginn der Vorbereitungen wurde als erstes eine Musikkapelle bestellt. In den meisten Fällen entschied man sich für eine Zigeunerkapelle aus Pretai. Sie war im ganzen Umkreis bekannt und sehr beliebt, weil sie eine ausgezeichnete Musik machte. Sie beherrschte auch  einige Melodien von unseren Liedern, die bei diesem Fest gesungen wurden.
Bekanntlich ist jede Veranstaltung mit Einnahmen und Ausgaben verbunden. Um den Eintritt der Jugendlichen so niedrig wie nur möglich festzulegen, damit alle – auch diejenigen, wo mehrere Jugendlichen in einer Familie waren – an diesem Fest teilnehmen konnten, wurde von Haus zu Haus ein Rundgang mit der KÖNIGIN gemacht.
Zu diesem Zweck versammelte sich die Schwesternschaft zwei Wochen vor der Veranstaltung, Sonntagnachmittag auf dem Hof der Altmagd, wobei jede Magd ein schönes Band mitbrachte. Mittels dieser Bänder wurde ein Schulmädchen, das sie sich ausgesucht hatten, als Königin geschmückt. Altmagd und Jungaltmagd nahmen die Königin an der Hand und begaben sich allen voran, dem Pfarrhaus zu. Von hier aus gingen sie von Haus zu Haus und sangen ein Lied, manchmal auch, auf besonderen Wunsch, zwei. Als Belohnung bekamen sie dafür Geld und Eier.  Von diesen Eiern machte sich das Amt der Schwesternschaft zum Abendessen Rühreier. Die restlichen Eier wurden in Geld umgewandelt, indem sie von den Jugendlichen abgekauft wurden. Ergaben sich manchmal etwas spärliche Einnahmen, hatten sie einen Rückhalt, indem sie auf die Kasse der Schwesternschaft zurückgreifen konnten.
Einen Tag vor der Festveranstaltung wurde die Krone mit Feldblumen, Wintergrün und Pfingstrosen gebunden. Hierfür wurde an einem Wagenrad, das nur zu diesem Zweck benutzt wurde, zwei Bögen aus Holz in Form einer Krone befestigt. Während einige der Mädel mit dem Binden der Krone beschäftigt waren, schmückten die anderen mit Blumen und bunten Papierstreifen den Saal.
Für das Aufstellen der Krone wurden ein paar Burschen ernannt, die sonntags in der Früh die Krone auf einen 8 – 9 m langen Mast befestigten und aufstellten. Damit der Mast bei dem Besteigen der Krone auch einen sicheren Halt bot, wurde er in einer dazu gebührenden Tiefe verankert.

Wenn die Glocken dann zum Gottesdienst einluden, begaben sich alle Jugendlichen in der Kirchentracht, soweit sie diese besaßen, zum Gottesdienst. Für sie war der Besuch des Gottesdienstes Pflicht. Außerdem galt es, sich während des Gottesdienstes menschenwürdig zu verhalten. Wer dagegen verstieß wurde laut Statuten der Schwestern- und Bruderschaft zur Rechenschaft gezogen.
Während alle Mädel den zu ihrer Kirchentracht gehörenden Borten besaßen, gab es bei den Burschen etliche, die den zu ihrer Kirchentracht gehörenden kurzen Pelz nicht besaßen. Sie erschienen in einer angemessenen festlichen Kleidung im Gottesdienst. Anhand des Nachbarzeichens, das von Haus zu Haus weitergegeben wurde, wurden alle Gemeindeglieder unserer Kirche zu diesem Fest herzlich eingeladen.
Während sich die Schwesternschaft bei der Altmagd einfand, wurde der Musikkapelle das Mittagessen gereicht. Anschließend dankten sie mit einer schönen Polka und boten gleichzeitig auch einen kleinen Vorgeschmack ihrer schönen Musik, bei der sofort alle Herzen, die ihr lauschten, höher schlugen. Danach begaben sich alle mit Marschmusik zum Saal.
Indessen hatten sich alle Burschen der Bruderschaft auf dem Hof des Altknechtes versammelt. Zur vereinbarten Zeit gingen Alt- und Jungaltmagd hin und luden die Bruderschaft zum Fest ein. Die Mädel hatten im Saal dem Alter nach in einer Reihe Aufstellung genommen. Das gleiche taten auch die Burschen beim Eintreten in den Saal, indem sie sich den Mädeln gegenüberstellten. Im Namen der Bruderschaft dankte der Altknecht für die freundliche Einladung. Die Altmagd erwiderte ihren Dank im Namen der Schwesternschaft für das zahlreiche Erscheinen und wünschte allen einen fröhlichen Verlauf dieses Festes.
In der gleichen Aufstellung, in der sie sich gegenüberstanden, marschierten sie unter den Klängen eines Marsches zur Krone, wo sie in einem Kreis um die Krone Aufstellung nahmen. Inzwischen hatten sich auch viele Zuschauer eingefunden, die diesem Festakt beiwohnten. Auch Leute anderer Nationen wurden von ihrer Neugier hierher getrieben und verfolgten das Geschehen.
Zu Beginn wurde das Lied „Af deser Jerd …“ gesungen. Dann schritt der Altknecht der Krone zu, um sie zu besteigen. Da Klettern nicht jedermanns Sache ist, gab es hier für so manchen eine harte Nuß zu knacken. Wenn einer glaubte, es aus eigener Kraft nicht schaffen zu können, bestellte er sich zwei seiner Freunde, die ihm bis zur Krone Nachhilfe boten. In der Krone überraschte ihn ein Geschenk der Schwesternschaft,  die ihn für seine Leistung mit Kuchen, einem guten Tropfen Wein in einem hölzernen Krug und einer Flasche Wasser belohnten.
Nach einer kurzen Verschnaufpause hielt er eine kurze Ansprache, wobei er Gott für das Gedeihen der Felder dankte und bat, er möge sie vor Hagel und das Dorf vor Feuer schützen. Die Regierung möge das Land mit Weisheit regieren und es von Krieg verschonen.  Unserer kirchlichen Obrigkeit, an der Spitze unseren hochwürdigen Herrn Bischof, dem Herrn Pfarrer und  dem Presbyterium wünschte er weiterhin viel Erfolg in der Festigung unserer Kirchengemeinde sowie den Lehrern in der Erziehung der Kinder. Zum Schluß wurde auch der Schwesternschaft für ihren Einsatz in der Erhaltung unseres Brauchtums gedankt. Dann durfte er sich noch einmal einen kleinen Scherz erlauben, indem er einige der Jugendlichen, die unter der Krone standen, mit Wasser aus der Flasche bespritzte. Alle Sachen, die er in der Krone vorgefunden hatte, wurden mit Schnüren oder Bändern am Hosenriemen festgemacht, und unter dem Applaus der Anwesenden entstieg er der Krone, rutschte am Mast herunter und freute sich, wieder festen Boden unter den Füßen zu haben.
Anschließend wurde unter Begleitung der Musik die beiden Lieder „Ich bin ein Sachs …“ und das „Siebenbürgerlied“ gesungen. Damit war der Festakt unter der Krone zu Ende, und mit Marschmusik gingen alle wieder in den Saal zurück.
Nach einer kurzen Pause erfolgte der Aufmarsch. Es war ein erfreulicher Anblick, wenn man sah, wie sich die Front der Aufmarschierenden vergrößerte und sie kaum mehr Platz hatten. Zum Schluß des Aufmarsches verwandelten sie sich in einen dichten Kern, der dann von innen heraus wieder aufgemacht wurde und sie zum Schluß einen offenen Kreis bildeten. Mit einem kurzen gemütlichen Walzer wurde die Spannung im Körper etwas gelockert und der Aufmarsch auch beendet.
Danach begann die übliche Tanzveranstaltung mit einer kleinen Ausnahme.  Bei den ersten zehn Tänzen war es den Burschen verboten, die Mädel zum Tanzen aufzufordern. Das taten in diesem Fall die Mädel. Zu gegebener Zeit wurde dieses Verbot durch den Mägdevater aufgehoben und ab da durften dann die Burschen die Mädel zum Tanz führen.
Die Verheirateten säumten am Abend den Rand des Saales. Am späten Abend bekamen sie die Gelegenheit geboten, in zwei Reigen sich noch mal zu üben und ihr Können unter Beweis zu stellen. Bald darauf war es für sie an der Zeit, den Heimweg anzutreten, während die Jugendlichen die Freude am Tanzen bis in die frühen Morgenstunden genießen konnten.
Für das leibliche Wohl der Musik waren verschiedene Personen von den Mädeln ernannt worden, die ihnen zu gegebener Zeit das Essen auf die Tische stellten. In dieser Zeit verschwanden auch die Jugendlichen nach Hause oder fanden sich kränzchenweise zusammen, um  die verbrauchten Kalorien zu ersetzen und damit auch das Durchhaltevermögen bis in die frühen Morgenstunden zu untermauern.
Eine Woche lang blieb die Krone noch stehen und wurde dann von den Burschen wieder abgetragen. Somit war dann auch die letzte Spur, die auf den Peter und Paul hindeutete, verschwunden.
Folgendes sei zum Schluß noch zu erwähnen. In Folge des letzten Krieges lag zwischen uns und den kommunistischen Behörden eine gewisse Spannung, die es uns oft schwer machte, dieses Fest in gewohnter Weise abzuwickeln. Dadurch bevorzugte man es, die Aufstellung der Krone und die Feier dieses Festes hinter die Mauern unserer Kirchenburg zu verlegen und es in einem etwas bescheideneren Rahmen ungestört zu feiern, bei dem die Adjuvanten bis in den Abend zum Tanz aufspielten.

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