Brauchtum

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Geburt und Taufe eines Kindes

Die Geburt eines Kindes ereignete sich zuhause unter der Obhut der Hebamme und selten gab es Probleme. Die Hebamme betreute und pflegte die Wöchnerin eine Woche lang täglich morgens und abends. In der zweiten Woche kam sie nur mehr morgens, da die junge Mutter sich bereits in ihre neue, schöne Aufgabe, eingeübt hatte.
Der Hebamme wurde jeden Tag in der Früh eine Kaffee mit frischen Kipferln serviert, natürlich gesunden Franck-Kaffee, Bohnenkaffee gab es damals in Rode noch nicht.

Die Geburt des Kindes wurde auf dem Standesamt gemeldet. Dann mußten sich die Eltern auch um die Taufpaten bemühen, die aus der Nachbarschaft bestellt wurden. Es waren immer zwei Patinnen und zwei Paten, sie mußten 15 Jahre alt und konfirmiert sein. In der Regel wurden zwei verheiratete und zwei ledige Paten ausgesucht. Die Paten wurden von der Hebamme besucht und um die „Ausübung ihres Amtes„ gebeten.
Die Wöchnerin mußte eine Woche das Bett hüten und durfte 4 Wochen nicht aus dem Haus gehen. Dies war eine gute Erholung für die Mutter. Für ihr leibliches Wohl sorgte ihre Mutter oder Schwiegermutter, je nachdem wo die junge Familie wohnte.
Hier kam auch der gute Brauch des „zum Essen tragen“ allen zugute. Die nächsten Verwandten, vor allem Schwestern und Schwägerinnen brachten sogar dreimal das Essen, alle Verwandten kamen, die Nachbarinnen und auch die Schul- und Jugendfreundinnen brachten die fertig gekochten Speisen zur Wöchnerin und bestaunten natürlich auch den neuen Erdenbürger. Es gab meistens Hühnersuppe mit Nudeln, Hühner- oder Kalbsbraten und auch verschiedene Mehlspeisen.
Die Taufpatinnen kamen sogar 5 mal mit dem Essen. Im Sommer gab es sehr viel Arbeit auf dem Feld und so kam es vor, daß an Sonntagen bis zu 10 Frauen mit dem Essen kamen. Damals wäre ein Kühl- oder Gefrierschrank sehr wichtig gewesen.
4 Wochen nach der Geburt fand die Taufe am Sonntag statt.
Am Samstag davor machte sich der Vater des Kindes auf den Weg zu den Verwandten und lud diese zur Taufe ein.
Es wurde auch frisches Brot und Hanklich im Backofen gebacken. Außerdem wurden verschiedene Kuchen und Schnitten ( z.B. Goldkuchen, Greta-Garbo-Schnitten, Cremeschnitten) zubereitet. Auch wurden die Hühner für die gute Nudelsuppe geschlachtet.
Sonntag vormittag erschienen die Frauen aus der Verwandtschaft im Festhaus. Sie kamen nicht mit leeren Händen, sondern brachten alle einen Teller mit Mehl und Eiern sowie ein Töpfchen Schmalz mit.
4 – 5 Frauen waren die Köchinnen, eine davon trug die ganz Verantwortung, sie war die Hauptköchin. Sie machten die Nudeln, die sehr fein geschnitten sein mußten („geschnittenen Teig“) für die Suppe und bereiteten auch das Essen vor.

Ich möchte nun berichten, welche Geschenke die Taufpatinnen für das Patenkind brachten:
Es wurde eine große flache Schüssel mit Mehl gefüllt. Darauf gab man 20 Eier und einen Geldschein. Da man damals die Kinder anders wickelte, kaufte man 1.50 m Barchendt, 80 cm breit. Die Enden des Stoffes wurden mit einem anderen Stoff versäumt. Darauf legte man 7 weiße Windeln, die aus gebrauchten, weichen  Leintüchern zugeschnitten wurden. Dann gab es noch Stoff für ein Kleidchen und für ein Hemdchen; damals trugen auch Buben Kleidchen. Ein Kopftuch gehörte auch in jedem Fall dazu. Weiters Stoff für eine schöne Haube aus Samt oder Loden. Die Bubenhauben waren aus 5 Teilen, die Mädchenhauben aus 3 Teilen zusammengenäht. Dann wurden sie noch mit schwarzen Seidenbändern und Spitzen verziert und bestickt. Ab den 30-er Jahren wurden aber auch fertige Strickhauben gekauft. Die Neugeborenen bis zu einem halben Jahr trugen gehäkelte Hauben. Natürlich bekamen die Buben ein blaues, die Mädchen ein rosa Seidenmascherl dran.

Auf die Schüssel  mit diesen ganzen Sachen wurde ein großes geblümtes Kaschmiertuch mit Fransen gelegt. Außerdem nahm die Patin noch ein Weinflasche mit. Das war eine ganz besonders schöne Karaffe, die nur für diesen Zweck verwendet wurde.
Die Taufe fand am Sonntag Nachmittag um 14 Uhr in der Kirche statt, wo die ganze Gemeinde versammelt war. Die Patinnen trugen natürlich auch die schöne Tracht, die verheiratete war gebockelt, die ledige trug den Borten.
Es gehörte zum Brauch, daß die Nachbarinnen (ca. 10 Frauen gehörten in eine Nachbarschaft) und die Frauen aus der nächsten Verwandtschaft, sich bei der Patin einfanden, auch die Jugendfreundinnen kamen in das Haus der Patinnen, um beim Anziehen der Tracht bzw. beim Bockeln dabeizusein. Auch sie kamen nicht mit leeren Händen, jede brachte zwei Eier mit. Es wurde ihnen Kuchen und Wein angeboten. Im Winter gab es Glühwein.
Wenn die Patinnen fertig angezogen waren, gingen sie in das Haus des Täuflings. Die schwere Schüssel mit den Geschenken trug eine Verwandte oder Nachbarin für die Taufpatin bis zum Gassentor. In das Haus hinein gingen dann nur die beiden Patinnen, die ältere voran. Sie mußte mit bestimmten Worten grüßen und dann wurde ihnen Kuchen und Kaffee angeboten.
Die Hebamme war natürlich auch bei der Taufe und sie zog den Täufling an. Die Kleider stellte sie zur Verfügung.
Die männlichen Taufpaten kamen direkt in die Kirche.
Zum erstenmal nach der Geburt durfte die Mutter zur Tauffeier wieder auf die Straße und zur Kirche gehen. Dort wurde sie auch mit dem Kind vom Pfarrer gesegnet.
Nach der Taufe brachten die Patinnen den Täufling wieder ins Elternhaus. Zur Kirche  trug die jüngere Patin das Kind. Dort übergab sie es an die Hebamme, die es während der Taufe über das Taufbecken hielt. Danach mußte die jüngere Patin den schweren Deckel auf  das Taufbecken geben. Jeder in der Kirche beobachtete sie dabei, ob sie dies auch geschickt tat. Von der Kirche nach Hause trug die ältere Patin das Kind.
Zuhause angekommen, standen sie vor einer verschlossenen Tür und  die Patinnen hatten einige Fragen zu beantworten.
Zuerst mußten sie einige glatzköpfige Männer im Dorf nennen, die Tür wurde ihnen nun geöffnet. Jetzt mußten sie noch über einen Trog springen. Dann  hielt die Patin das Kind über den Tisch, über den Herd, über eine Bank und über das Bett. Dazu sagte sie: „Hier leg ich dich auf diesen Tisch, hier sollst du bleiben frisch, hier leg ich dich auf diesen Herd, hier sollst du bleiben wert, hier leg ich dich auf diese Bank, hier sollst du wachsen lang, hier leg ich dich auf dieses Bett, hier sollst du werden fett.“
Danach gab es für die Patinnen und die Hebamme einen Hühnerbraten und guten Wein. Als Nachspeise servierte man ihnen die mit vielen Eiern zubereiteten Palatschinken („Jaudenplatschinten“). Nach diesem Essen gingen sie vorerst wieder nachhause.
Die Paten und Patinnen sprachen sich von nun an mit den Kindeseltern als „Gevatter“ bzw. „Gevatterin“ an.

Um ca. 17 Uhr begann dann die Feier, zu der sich alle Eingeladenen im Elternhaus des Täuflings einfanden. Es waren dies je nach Größe der Verwandtschaft 30 – 60 Personen.
Allen voran die Taufpaten und Patinnen und der ältere Pate mußte jetzt das Wort ergreifen und alle Anwesenden begrüßen („Wort machen“). Jeder männliche Gast brachte eine Flasche Wein mit, der sorgfältig gekostet wurde – jeder wollte natürlich den besten Wein haben. Die verheirateten Paten bzw. Patinnen brachten ihren Ehepartner mit, bei den Ledigen kamen die Eltern mit zum Tauffest. Nun übergaben auch die Taufpaten ihre Geschenke, das war ein Geldschein, eine Flasche Wein und die Ehefrau bzw. Mutter des Paten überbrachte einen Teller mit Kuchen.
Jetzt wurde die gute Nudelsuppe aufgetragen, die aus viel Hühner- und Rindfleisch zubereitet wurde. Man aß die Suppe mit dem Fleisch und dazu Tomatensoße. Anschließend gab es Kuchen.
Nun wurden Lieder gesungen, Späße gemacht und getanzt.
Um ca. 22 Uhr  gab es dann im Frühjahr einen Lammbraten mit Rote-Rüben-Salat, im Sommer oder Herbst einen Hähnchenbraten mit Gurkensalat und im Winter Kalbsbraten mit Salzgurken. Anschließend Kuchen. Als Getränk gab es Wein.
Es wurde wieder gesungen und getanzt bis etwa 3 Uhr früh.
Zum Schluß mußte sich nun der jüngere Pate bewähren und das Schlußwort sprechen:
„Liebe Festgäste, bei frohen Menschen ist es gut sein, es muß auch einmal geschieden sein. Wir werden uns wieder an den Ort begeben, von wo wir gekommen sind. Wir sagen Dank für Speis und Trank. Sollte einer den anderen ungewollt  beleidigt haben, so bitte ich es zu verzeihen. Ich wünsche noch eine geruhsame Nacht, für morgen einen schönen Tag und wenn wir uns wieder treffen, ein gutes Gespräch miteinander.
Ich hatte zu bitten mit diesen Worten („Ech had za bidden!“).

Vor dem Elternhaus, Rode

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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