Flucht

Zwangsarbeit

Nach ungefähr drei Wochen wurden wir nach Rosior de Vede ins Arbeitslager Vacaresti gebracht. Da mußten wir zwar Zwangsarbeit leisten und wurden von der Gendarmerie bewacht, doch den Umständen nach gut behandelt. Wir hatten unsere eigene Küche, und ich selbst habe jeden Morgen das Brot übernommen: 1 kg pro Tag und Person. Die Hälfte davon hat uns die Firma Via zugestellt, bei der wir gearbeitet haben. Wir waren zu der Zeit an die 800 Mann.

Ende November 1945 hat man von uns 100 Mann ausgewählt und in s Arbeitslager Calu Balan bei Ploiesti versetzt. Zum Glück waren alle Sanktgeorgener dabei.

Anfangs hatten sie uns bessere Bedingungen und bessere Verpflegung versprochen. Es stellte sich aber bald heraus, daß es nur ein Trick war. Außerdem wurde vorher der Jahrgang 1927 aus dem Lager entlassen. Nun waren wir noch ungefähr zwölf jung Sachsen, Jahrgang 1928, im Lager und wollten auch entlassen werden. Doch die Behörden sagten, sie hätten für uns keine Anweisung erhalten, sondern nur für den Jahrgang 1927. So mußten wir leider weiter Zwangsarbeit leisten. Es wurde für uns immer schlimmer, denn im Januar 1946 gab es nur noch 250 g Brot und ein Essen, mit dem man zwar überleben konnte, das aber für Arbeit zu wenig war.

 

An einem Abend nach der Arbeit schlichen mein Kollege Daidrich 219 und ich durch die Posten, um im Dorf etwas Eßbares zu besorgen. Unser Erstaunen war groß, als wir sahen, daß die Bewohner des Dorfes selbst nicht viel zu essen hatten, denn ihr Abendessen bestand aus Polenta und einer Brühe von Sauerkraut. Da wir aber nun einmal da waren, versuchten wir es immer wieder. So gelangten wir auch zum Pfarrer. Da hatten wir sogar Glück, denn wir bekamen drei Kilogramm Maismehl und ungefähr ein Kilogramm Speck. Als wir danken das Haus verließen, kamen zwei junge Töchter des Pfarrers aus einer Kammer aus dem Hof leise an uns heran und fragten rumänisch: „Nene vreti si oua?“ (Wollt ihr nicht auch Eier?) Selbstverständlich, war unsere Antwort, und so konnten wir noch 20 Eier mitnehmen. Das sahen wir zu der Zeit als Geschenk Gottes an. Im Lager angekommen, machten wir sofort einen Paulukes und eine Eierspeise dazu und teilten alles auf 93 Personen auf, denn so viele waren wir zu der Zeit noch im Lager. Keiner von uns wurde satt, aber alle waren zufrieden schlafen gegangen.

Da die Lager immer unerträglicher wurden, hatten wir uns vorgenommen, zu streiken und es auch durchgeführt. Nach dreitägigem Hungerstreik und Arbeitsverweigerung kam ein Delegierter des Innenministeriums zu uns. Danach verbesserte sich unsere Lage ein wenig, bis wir am 14.4.1946 nach Hause entlassen wurden.

Schon im Herbst 1945 waren meine Eltern sowie alle Sanktgeorgener Landsleute von Tirgu-Jiu nach Firgu-Magurele übersiedelt und von dort in die Heimat entlassen worden. Natürlich durften sich zu der Zeit ganz wenige in Sanktgeorgen aufhalten. Die meisten wurden zu zwei und drei Familien in acht verschiedenen Nachbardörfern untergebracht.









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